Donnerstag, 29. Oktober 2009

Que hay

Seit heute gehört dasGefährt, welches mir in den letzten Wochen schon so viel Freude bereitet hat, endlich offiziell mir. Es bedurfte zwei weiterer Behördengänge und einem ganzen Buch an Dukomenten, allerdings diesmal unterstützt von Perre, der mir den Roller verkauft hat und dank dem ich nicht bei jedem Satz nachfragen musste. Gestern hat das Fräulein am Schalter eh hauptsächlich Valenciano gesprochen, wo's bei mir sehr schnell aufhört.

Am Wochenende ist hier tatsächlich nochmal der (für deutsche Verhältnisse) Hochsommer ausgebrochen und so hab ich das Wochenende hauptsächlich am Strand verbracht. Samstag Abend hat meine Mitbewohnerin groß eingeladen und so war die Bude voll mit vielen vielen Polinen, einigen Italienern, ein paar Spanieren und noch einige weitere Nationalitäten waren vertreten.
Anschließend hab ich mich dann das erste mal hier auf eine Botellon gewagt. Das nennt sich so, wenn sich ne Menge Leute des Nachts unter freiem Himmel treffen um was zu trinken. Dann bringt jeder eine oder mehrere weiße Plastiktüten mit, gefüllt mit Vodka, Gin und Co., den passenden Beigetränken, Eis und Pappbechern. Los gehts so um Mitternacht; die Ausrüstung muss allerdings vor zehn erstanden werden da hier nach zehn kein Alkohol mehr verkauft werden darf. Um zwölf kommen dann die Studenten hauptsächlich mit voll besetzten Autos an, dessen Musikanlagen dann natürlich voll aufgedreht werden und öfters auch mal ein Wettkampf um Lautstärke verursachen.
Ab drei zieht man dann allmählich in diverse Diskotheken weiter, wobei es durchaus normal ist, sich auch noch nach drei, vier Cubra Libre hinters Steuer zu setzen. Zurückgelassen wird dann ein unglaublicher Müllhaufen aus weißen Plastiktüten, Flaschen und Bechern, welche aber von der Stadt noch vor Sonnenaufgang beseitigt wird. Und das obwohl die ganze Sache komplett illegal ist, da man in der Öffentlichkeit nicht trinken darf.
Die größten Botellons sind immer Donnerstags, da kommen auch mal geschätzte 2000 Leute zusammen. Am Wochenende sinds dann 500-1000 Trunkenbolde. Natürlich kennt jeder jeden und sogar ich hab zwei Leute aus der Uni zufällig getroffen. Was mich aber am meisten überrascht hat ist, dass ich am ganzen Abend keinen einzigen Erasmus-Studenten getroffen habe.

Montag hab ich mit einer Komilitonin einen Radlausflug in den Norden gemacht. Da gibt es ein kleines Dorf namens Alboraya, wo angeblich die Horchate (Orxata de Xufes) ihren Ursprung hat. Das ist ein typisch valencianisches Erfrischungsgetränk aus Erdmandeln (chufas). Der Geschmack lässt sich leider mit absolut gar nichts vergleichen, was ich davor kannte. Es ist kalt, unglaublich süß und auch irgendwie ein bisschen bitter. Bin mir noch nicht sicher, ob's mir schmeckt.
Auf jeden Fall lässt sich die Umgebungs Valencias teilweise recht gut beradeln. Es gibt eigene Fahrrad-Straßen quer durch die Felder, wo man einen spätsommerlichen Nachmittag sehr gut genießen kann, wenn man sich von den Rauchschaden nicht ärgern lässt, die die Bauern mit ihrer etwas rabiaten Methode der Unkrautvernichtung verursachen.
Anschließend haben wir dann noch den Yachthafen Port Saplaya besucht, wohin der Weg allerdings abschnittsweise sehr schwierig war, besonders mit meinem Rennrad. Außerdem gibt es halt auch einfach Straßen, die plötzlich ohne Grund oder Hinweise in einem Feld enden.
Der Hafen selber wirkt wie Klein-Venedig. Er ist von unglaublich dicht und hoch gebauten Häuseranlagen umgeben, welche hauptsächlich Feriendomizile enthalten. An der Wasserfront stehen kleinere Häuschen - jedes in einer anderen Farbe.

Dienstag Abend war ich dann nach der Chorprobe das erste Mal in der Bar de los Montaditos Gratis, welche hier einen recht hohen Bekanntheitsgrad besitzt und sich genau unter meinem Zimmer befindet. Der Name beschreibt gleichzeitig das Geschäftsmodell, da man zu jedem Getränk für um die 1,50 ein Montadito, also kleine belegtes Brötchen dazu bekommt. Das ganze auch noch absolut genießbar und so bleibt die einzige Kehrseite das ungemütliche Neonlicht-Ambiente. Werd dort aber in Zukunft sicher noch öfters vorbeischauen.

Freitag, 23. Oktober 2009

Maleta!

Nach zwei Besuchen am anderen Ende der Stadt und insgesamt zweistündigem in-der-Schlange-stehen habe ich endlich meine N.I.E., meine Identifikationsnummer für die spanischen Behörden womit ich nun auch endlich meinen Roller ummelden kann, ein Bankkonto aufmachen oder sogar als Pizzalieferant arbeiten wenn's mir Spaß macht.

Gestern war ich auf meinem ersten Konzert hier wofür ich nur mit ner Menge Dusel noch Karten bekommen habe, welche nämlich dank des sehr bezahlbaren Preises von 4 Euro sehr schnell ausverkauft waren. Da aber grad zufällig ein paar Mädels hinter uns ins Büro kamen, die ihre Karten zurückgeben wollten, ist es für jeden gut ausgegangen. Das Konzert war der absolute Hammer, allerdings waren wir gut ne Stunde zu früh da weil ich die Uhrzeiten verwechselt hatte. Erst ist eine Ska-Band mit großer Besetzung aufgetreten und die Menge ist regelmäßig ausgeflippt. Außerdem hatte ich noch nie so gute Sicht bei einem Konzert, da ich den durchschnittlichen valencianischen Besucher um gut einen Kopf überrage. Weniger praktisch ist der Größenunterschied allerdings, wenn die Leute anfangen rumzupogen und man dann die Schultern im Bauch spürt. Der Hauptact war dann sehr viel ruhiger mit auch ein oder zwei Balladen wo dann kräftig mitgesungen wurde, auch wenn die Textsicherheit noch ausbaufähig ist. Also ganz sicher nicht mein letztes Konzert hier und endlich mal wieder ein Ort, wo nicht nur Austauschstudenten rumhocken.

Für die gibt es hier nämlich - zumindest scheint es mir so - eine ganze Straße, in welcher sich ein dutzend Bars befinden, die alle ihr Scouts rumschicken, welche einen mit Freigetränken für ihren Arbeitgeber zu gewinnen versuchen. Diese Bars bewegen sich in ihrer Art irgendwo zwischen "Cafe am Hochhaus" und "Atomic Cafe" und sind in ihrem Grundschnitt alle gleich: ein langer Schlauch mit vorne Bar und hinten Tanzbereich. Einige haben manchmal Livebands, andere DJs und wieder andere Musik auf Zimmerlautstärke, was bei Sprachproblemen sehr praktisch ist. Die kenn ich jetzt mittlerweile alle, da ich am Mittwoch auf einer ausgiebigen Bar-Tour dabei war, wo wir einfach mal alle Freigetränke und Ermäßigungen in jeder einzelnen Bar der Straße abgesahnt haben.

Ich lieg grad mal wieder in meinem Lieblingspark, diesmal unter zwei Palmen und musste gerade an die Zeichentrickfilme denken, wo der Typ in der Hängematte und den Palmen immer eine Kokusnuss auf die Birne kriegt. Gegenüber klettert grad so eine Art Ratte oder Wüstenspringmaus die Palm hoch, was somit das nächste zu einem Eichhörnchen ist, was ich hier je gesehen habe.

Somit geht eine Woche zuende, in der ich das erste mal beim Segelclub der Uni vorbei geschaut habe, allerdings frühestens in drei Wochen mitsegeln werden kann. Außerdem hatte ich heute meine erste Gitarrenstunde bei einem Freund einer Komilitonin von mir, von dem ich bis Weihnachten hoffe, etwas klassische Gitarre zu lernen. Das bedeutet erst mal Noten lesen (die hier aussschließlich Do Re Mi Fa So La Ti genannt werden) und meiner rechten Hand beibringen, dass alles, was sie bisher gemacht hat, falsch ist. Diesmal freu ich mich richtig aufs Wochenende, da ich diese Woche herausgefunden habe, dass vier Fächer mehr Arbeit bedeutet, als ich dachte, vor allem wenn man für zwei davon mittelgroße Projekte fabrizieren muss und alles eben auf... spanisch. Achja am Dienstag hatte ich noch meinen ersten Test. War ein bisschen überraschend für mich, weil ich davon gar nichts mitgekriegt hatte, aber zum Glück in dem einen Fach, wo ich mich schon aus München recht gut auskenne.

Vom Ratten-Baum ist doch grad tatsächlich eine Nuss gefallen. Ne recht kleine zwar, aber der Aufprall war doch sehr gut hörbar... das nächste Mal lege ich mich glaub ich dann doch wieder unter die Birken.

Freitag, 16. Oktober 2009

que puta frio

Hab gehört, in München ist's am schneien. Hier hat sich auch den Sommer verabschieded und mein neu erstandenes 1,50€-Thermometer ist unter 20 Grad gefallen. Grad sogar bis 15. Für die meisten Bewohner hier ist das Grund, ihre dicksten Wintermäntel rauszuholen. Hab heut aber auch tatsächlich das erste mal tagsüber einen Pulli angezogen. Brrrrr.

Letzten Sonntag hab ich sogar mal einen Ausflug gewagt und bin mit zwei Freunden nach Sagunto, um das dortige antike, allerdings grausam modern restaurierte, römische Theater und riesige Burg anzusehen. Im Lonely Planet stand jedoch nicht sehr viel um sich kulturell zu bilden und so haben wir dann doch die meiste Zeit auf dem mittelalterlichen Markt und (mal wieder) am Strand verbracht.
Montag dann endlich mal die Öffnungszeiten vom Gulliver erwischt. Das ist ein sehr dezenter Spielplatz in Form eines gefesselten Riesen an dessen Seiten man hochklettern und runterrutschen kann. Muy fuerte!

Dienstag dann die erste Chorprobe. Es sind doch ein bisserl mehr als ich dachte, da die rumgeschickte Liste nur die Neuzugänge umfasste. Somit sind es jetzt so um die 50 Leute und ein dutzend Bässe, welche sich für die Stimm-Probe in den banchbarten Flur mit Kühlschrank-Charme und -Durchmesser zurückziehen müssen. Außerdem kommt der große Vorteil zu tragen, dass ich nicht allzuviel verstehen muss, was der da vorne erzählt (was aus der vorletzten Reihe und dem Redetempo eh unmöglich ist) sondern einfach mit den Leuten neben mir mitsingen kann. Haben sogar schon das komplette 120seitige, gebundene, größtenteils aus klassischen valencianischen Weihnachtsliedern bestehende Programm für das Jahresende ausgehändigt bekommen. Somit lerne ich jetzt sogar etwas valenció.

Und habs sogar geschafft, mir ein Fahrrad zu besorgen, ohne damit die lokale Fahrrad-Mafia zu unterstützen. Vom Cruiser zum Rennrad ist es natürlich eine gewisse Umstellung, aber dafür ist man mit dem Ding recht flott unterwegs und kann auch mal ein Schnäppschen oder zwei trinken. Dann ist man natürlich nicht mehr so flott.

Morgen ist übrigens mein ein-monatiges Jubiläum. Würde gerne besser nachvollziehen können, ob ich sprachliche Fortschritte gemacht hab. Vermute mal, schon. Telefonieren geht inzwischen besser und bring mitlerweile ganze Sätze ohne ein langes "ääähhhh" zustande. Womit ich noch am meisten Probleme habe, sind Zwischenkommentare und Randbemerkungen. Diese kleinen willkürlichen Sätze ohne Anhaltspunkte um was es sich handeln könnte. Und mir ist aufgefallen, dass ich zwar weiß, was ich sage aber keine Ahnung hab, wie es klingt. Bin gespannt, wie sich das in den nächsten beiden Monaten entwickeln wird.

Samstag, 10. Oktober 2009

el puente

Es leben die patriotistischen Feiertage. Gestern war hier "Dia de Comunidad Valenciana" und Montag wird der "Dia de la Hispanidad" gefeiert. Und immerhin gebührte dem gestrigen Tag ein mitternächtliches, siebzigminütiges Feuerwerk über der Túria. Und da man hier wohl ein Ruf zu verteigigen hat, war das nicht nur das längste sondern auch mit Abstand das lauteste Feuerwerk, das ich je gesehen habe. Am nächsten Morgen um zehn wurde dann fröhlich weitergeballert, um den Festumzug zu untermalen.

Ich hab dann diesen hinreißend sommerlichen Tag mal wieder hauptsächlich am Strand verbracht. Ich will jetzt nicht zu viel schwärmen, aber es ist doch was feines, einen in der Nähe zu haben. Anschließend dann von Italienern mit köstlichem Risotto kochen und dann dacht ich mir, dass es jetzt nach knapp nem Monat doch mal Zeit wird, dass valencianische Nachtleben kennenzulernen und daher bin ich diesmal nicht um vier heimwärts sondern mit in einen der angesagten Clubs hier. Die machen, wie schon mal erwähnt, erst so um zwei/drei auf, sind bis vier gähnend leer, ab punkt vier dann überfüllt, allerdings nur bis sechs und um sieben machen sie dicht. Der zweistündige Spaß kostet dannn auch noch normalerweise (gestern zum Glück nicht) 10-20€ Eintritt. Also wenn das jemand versteht, bitte erleuchtet mich. Ich finds schlichtweg bescheuert und werde mich weiterhin an die Bars halten, welche halt leider um punkt halb vier dicht machen. In einigen Sachen sind die Spanier echt pünktlich.

Letzten Sonntag war ich übrigens noch bei einer Flamenco-Show. Lag aber mit meinen Erwartungen an eine graziöse Spanierin im roten, weiß-gepunkteten Kleid meilenweit daneben. Dafür weiß ich jetzt, dass auch Männer Flamenco tanzen, und zwar dieses vorzugsweise im Anzug, und das auch noch verdammt gut.

Als Randnotiz: Wurde im Chor als einer von drei Bässen aufgenommen und werde sogar unter Umständen, also eventuell, mit diesem im Frühlung Ulm besuchen. Welch süße Ironie. Hoffe, ihr kommt dann alle zum Konzert.

Sonntag, 4. Oktober 2009

Urlaubsende

Mit einem traumhaft sommerlichen Sonntag geht diese erste Vorlesungswoche zu ende und ich bin mit meiner Auswahl recht zufrieden. Es fanden sogar alle Vorlesungen statt und ich saß nicht mehr, wie in der vorigen Woche, eine halbe Stunde alleine wartens im Klassenzimmer. Somit hab ich jetzt sogar Kommilitonen, welche sich im großen und ganzen nicht sehr von den heimischen Ingenieurstudenten unterscheiden.
Jede Vorlesung besteht hier aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Den Vorträgen der männlichen Dozenten kann ich sogar recht gut folgen, wenn auch meist nur mit großer Konzentration, was bei den zweistündigen Vorlesungen gar nicht so einfach ist. Die weiblichen Dozentinnen - die hier einen großen Anteil ausmachen - benutzen allerdings ein Sprechtempo, welches es mir vollkommen unmöglich macht, mehr als die ersten zwei bis drei Wörter eines Satzes zu verstehen.
Die Praktika bestehen aus verschiedenen Übungen, deren Ergebnisse eingesammelt und benotet werden. Um nicht bei jeder der meist mündlichen Instruktionen nachfragen zu müssen, hab ich mich bisher immer mit muttersprachlern zusammengesetzt, welche mir dann geholfen haben, meine IT-Vokabular zu erweitern.

Übrigens darf ich mich seit kurzem stolzer Besitzer einer Aprilia Sonic nennen. Dank ihrer Anschaffung kenn ich mich jetzt bestens beim spanischen TÜV aus (dem ITV) und hab auch schon einige Behördengänge hinter mir, wegen Versicherung und Ummeldung. Um die dafür benötigte NIE (eine Art Steuernummer für Ausländer) zu beantragen, hilft es übrigens nichts, die Adresse des zuständigen Amtes der Internetseite der valenzianischen Auslandsbehörde zu entnehmen. Dort angekommen und eine halbe Stunde in der Schlange gestanden erfährt man dann nämlich, dass diese am anderen Ende der Stadt (was dan wieder in der Nähe meiner Wohnung war) vergeben werden. Nachdem ich dann wieder fast daheim war erfuhr ich dort allerdings, dass deutsche Staatsbürger sich an eine Adresse an einem dritten Ende der Stadt begeben müssen. Kein Wunder, dass es in Spanien üblich ist, Agenturen für solche bürokratische Angelegenheiten zu engagieren.

Jetzt liege ich gerade in den Königsgärten (Jardines del Real) und genieße die Nachmittagssonne. Und obwohl es - wie an meinem Lieblingsplatz im Englischen Garten - zwei Birken sind, die mich tragen, werde ich doch von den Palmen, den stacheligen Bäumen mit dicken Bäuchen und den Papageien stehts daran erinnert, dass ich ein paar Breitengrade von der Isar entfernt bin. Knapp zwei Wochen bin jetzt hier, was noch der Länge eines Urlaubs entspricht. So langsam sickerts jetzt aber bei durch, dass das hier keiner ist, sondern ich hier lebe. Richtig begriffen hab ich das allerdings immer noch nicht.