Mittwoch, 23. Juni 2010

Barranquismo


Manchmal hab ich schon das Gefühl, dass die Spanier eine sehr unterschiedliche Auffassung von Ampelfarben haben als unsereins. Grade habe ich den vierten Unfall unter meinem Fenster gesehen seitdem ich hier wohne. Direkt vor meiner Tür schneiden sich zwei größerr Straßen. Und immer wenn ich krachen höre und runterschaue sehe ich zwei Autos im rechten Winkel aufeinanderhängen. Rot und grün sind wohl doch Interpretationssache.


Am Donnerstag hats mich endlich mal wieder in die Natur verschlagen. Zwei Komilitonen aus München, ich und zwei Bergführer haben uns eine Schlucht heruntergewagt. "Barranquismo" nennt man das hier. "Schluchting" käm mir da als Übersetzung in den Kopf. Im Neoprenanzug und Klettergurt sind wir 5 Stunden lang dem Flussverlauf der Barranco Otonel gefolgt. Und zwar eben im Fluss. Laufend, schwimmend, springend und abseilend. Letzteres war eine Premiere für mich und ich muss gestehen, dass ich schon ganz schön geschluckt habe, als ich am oberen Ende eines 60 Meter hohen Wasserfalls stand, lediglich an einem Seil hängend, und mir klar wurde, dass es nur einen Weg gibt: nach unten.


Nach was mir eine Ewigkeit schien kam ich dann aber doch irgendwann unten an. Glücklich, am leben zu sein. Der 8m Sprung in einen See und die beiden nächsten Wasserfälle erschienen mir als kleine Herausforderungen im Vergleich dazu.

Hab übrigens beschlossen, umzuziehen. Der Abwechslung wegen. Die Zusammenstöße vor meinem Fenster werd ich vermissen.

Sonntag, 20. Juni 2010

In Zwischenzeit...

Wo ich gestern mal endlich die letzten Monate meiner schriftlichen Abwesenheit aufgeholt habe, dachte ich, ich nutz mal gleich den Schwung und mach weiter. Immerhin sind ja doch schon wieder zwei Monate ins Land die nicht komplett ereignislos waren.

Einen nicht unerheblichen Teil dieser Monate hab ich in meinem Heimatland verbracht. Ende April zwei Wochen auf den BMW Open gearbeitet. Das hat dieses Jahr deutlich weniger Spaß gemacht, da sieben der neun Tage komplett verregnet waren und das Tournier wie ausgestorben. Pünktlich zum Finalwochenende kam allerdings die Sonne raus und hat die Stimmung nochmal rumgerissen.


Anschließend gings für zwei Wochen zurück in den Süden nur um Ende Mai wiederzukommen, um am 90. Geburtstag meines Opas teilhaben zu können. Hab die Woche davor noch drangehängt um das schöne Sylt mal wieder zu sehen, sowie ein paar sehr gute Freunde und wie meine Schwester zu Zeit lebt.
Außerdem wurde mir ein Stück vom Meniskus rausgenommen weswegen ich ein paar Tage auf Krücken unterwegs war und meine frühere Mobilität richtig zu schätzen gelernt habe. Wenn plötzlich jede Treppe zum Hindernis wird sodass man sich am Morgen überlegt wie man es den Rest des Tages vermeiden kann, nochmal runter ins Zimmer humpeln zu müssen, versteht man erst wie ungemein praktisch zwei Beine sind. Ich kenn da welche, die mich gut verstehen..



Seit drei Wochen bin ich nun wieder hier, und kann gar nicht sagen, was ich so den ganzen Tag gemacht habe. Auf jeden Fall nicht das, was ich tun sollte. Nämlich meine Diplomarbeit voranzutreiben. Stattt dessen Lebe ich la vida españa, genieße die Stadt und die Kultur und das Meer und die Natur.
Da aber chillen allein auch nicht gut tut hab ich irgendwann meine Altlasten in Angriff genommen - man merkt es an den Einträgen, die gestern aufgetaucht sind. Und zwar diesmal systematisch mit einem automatisierten Aufgaben-Planer, dem man nur sagen muss, was und bis wann man erledigt haben will und dieses dann auf die Stunden der Tage verteilt. So sehe ich jetzt wunderbar jeden Tag wieviel ich zu tun hab und ob ein Stündlein drin ist um eine Runde im Mittelmeer zu paddeln. Das Ding ist noch in einer sehr rohen Fassung aber falls jemand Interesse hat, es auszuprobieren kann er sich gerne melden.


So mach ich mir gute Hoffnungen, dass es mit meinem Diplom vielleicht doch noch was wird und ich im Dezember meine Zeit in Valencia beenden werde. Wo es danach hingeht ist noch unklar aber ist ja noch ein Stückl hin.

Samstag, 19. Juni 2010

Tapas und Flamenco

Geschrieben am 26. April 2010


Gestern saß ich noch auf der gemütlichsten Dachterasse von Sevilla und jetzt hock ich schon am Madrider Flughafen und warte auf meinen Flug nach München. So schnell kanns gehen. Nach Sevill
a bin ich mich drei deutschen Freunden auf die "Feria de Abril". Das kann man sich als "Wiesn goes Flamenco" vorstellen. Statt einigen großen Zelten gibt es aber an der hundert kleinere (Teils winzige), die dafür privat sind und ein wichtiges Statussymbol in Sevilla. Und statt Dirndl tragen die Mädels eben Flamenco-Kleider in allen möglichen und unmöglchen Farben. Hauptsache knallig und mit verplüschten Ärmeln und Röcken. Bis zu den Knien sitzen die Dinger so eng, dass die Bewegungfreiheit der Damen beachtlich eingeschränkt ist.


Die Herren tragen allerdings keien Tracht sondern hauptsächlich doppelreihige Anzüge. Persönlich interessant fand ich die Beobachtung, dass eben diese Anzugträger, entgegengesetzt zu dem was ich bisher als einen tyischen spanischen Jugendlichen im Kopf habe, keine kurzgeschorenen Köpfe haben sondern außergewöhnlifh lange Haare. Meine Vermutung, dass dies mit der gesellschaftlichen Stellung der Privatzelt-Besucher zu tun hat wurde allerdings von keinem Einheimischen geteilt, den ich darauf angesprochen habe.










Die Fahrgeschäfte ließen mich dann aber ganz wie dahoam fühlen. Die Wilde Maus gibts, Dosenwerfen, TopSpin, Geisterhäuser und auch sonst eigentlich alles. Nur keine gescheiten Schießbuden. Die Psanier schießen lieber mit Korken auf Schnappsgläser als mit Blei auf Rosen. Aber sogar das Riesenrad steht an der bekannten Stelle. Nur ein bisschen komisch fühlt es sich an, dass es nicht das einzige ist sondern noch ein kleineres Rad mittendrinb steht. Das ist dann ein bisschen so wie zwei Sonnen zu haben. Außerdedm gibt es natürlich keine Händel und Brezn sondern Bocadillos und Churros. Und in allen Zelten wird "Sevillana" getanzt. Das ist eine Flamenco-Art, die zu zweit getantzt wird, allerdings ohne Körperkontakt dafür meistens von den bunten Tänzerinnen miteinander. Hab versucht, ein paar Schritte abzukucken aber mir war das dann doch zu fremdartig und so war ich aufs Zukucken beschränkt. Und da wir in Spanien sind können die Feierlichkeiten auch nicht um elf aufhören sondern gehen die ganze Nacht durch. So ist es zum Beispiel noch um vier Uhr morgens möglich, kopfüber 50 Meter über der Erde zu baumeln. Schlaf wird sowieso überschätzt und wir haben mit dem Entzug schon sehr konsequent begonnen indem wir Donnerstag um Mitternacht losgefahren sind um bei Sonnenaufgang einen frisch gepressten Orangensaft und ein Bocadillo vor der Katherdrale zu genießen.
Diese und ihr Turm namens Giralda waren so ziemlich das einzige, was mir von meinem Besuch 2003 in Erinnerung geblieben ist. Die ist einfach verdammt groß und laut dem Guinnes Book of World Reckords sogar die größte gothische Kirche der Welt.


Übrige Erinnerungen auszugraben wurde dann nochmal dadurch erschwert, dass sich die Stadt in den letzen Jahren beste Mühe gegeben hat, ihr Erscheinungsbild zu ändern und unter anderem jetzt eine Tram vor der Kathedrale vorbeifährt. Unser Diätplan für das Wochenende bestand aus: Tapas, Tapas und Tapas. Am Sonntag haben wir sogar Tapas gefrühstückt. Von Tapas hab ich auf jeden Fall jetzt erst mal genug auch wenn wir einige seeehr köstliche gefunden haben.
Man könnte allerdings noch unsere tägliche Riesenportion Eis dazuzählen. Am zweiten Tag wusste die Verkäufering schon, was wir wollten als wir den Laden betreten und am Sonntag haben wir die extra-großen Stücke der Stracciatella bekommen ;) Hab schon lange nichgt mehr so viel aber auch wirklich ausgezeichnetes Eis gegessen. Wenn wir mal nicht in einer Tapasbar oder der Eisdiele saßen haben wir uns tagsüber die Schätze der Stadt angeschaut. Diese bestehen aus der erwähnten Kathedrale, ihrem Turm, dem römisch-maurischen Königspalast und vor allem aus dem alten jüdischen Viertel Santa Cruz mit seinen unzähligen Gässchen und grünen Oasen. Bevor es auf die Feria ging haben wir die Abende auf der Dachterasse des Hostels bei Bierchen, Pfeifchen und Pläuschen genossen. Unten auf ritten immer mal wieder Caballeros mit ihren bunten Gesellinnen vorbei und hinter der Giralda legte sich die Sonne zu Ruhe. Mit Sicherheit die gemütlichste Dachterasse Sevillas und das heimliche Highlicht der Reise. Das Hostel war eh große Klasse mit netten Leuten und ner Menge Angeboten wie einer 3stündigen Stadttour und Sevillana-Klassen. Da hängen erstaunliche viele Alleinreisende rum. Hab mir nie wirklich vorstellen können, das zu machen, aber jetzt weiß ich, dass man auf jeden Fall in einem Hostel absteigen muss. Auf dem Rückweg haben wir dann noch einen Stop in Cordoba gemacht. Dort hatten wir das Glück, zwei regelrechte Restaurant-Experten nach einem solchen zu fragen, wodruch wir zu einem überraschend guten Abendessen kamen - ausnahmsweise mal kein Tapas.